In der Corona-Pandemie droht eine Überlastung der Gesundheitsämter. Die stark gestiegene Zahl der Corona-Neuinfektionen verschärft die Lage. In Bonn hat die IT-Abteilung der Stadt gemeinsam mit dem Gesundheitsamt ein digitales Tool entwickelt, das die Datenerhebung und Bearbeitung der Fälle deutlich vereinfacht.
„Unsere Eigenentwicklung sorgt für eine wichtige Entlastung im Gesundheitsamt“, sagt David Adler, der das Projekt zur Einführung der Software geleitet hat. Anfang April wurden Adler und seine Kollegen:innen vom Gesundheitsamt eingeladen. „Damals sind sie schon an ihre Grenzen gekommen“, erinnert sich Adler. Und damals war die Zahl der Neuinfektionen zwar schon hoch, aber mit den aktuellen Werten kaum zu vergleichen.
Fehleranfälliges System
Im April wurden die einzelnen Coronafälle noch händisch erfasst und in einem Sharepoint abgelegt. Parallel dazu wurden die Fälle in einer Papierakte abgeheftet. Das band viel Zeit. Der einfache Sharepoint wäre mit dem wachsenden Datenvolumen irgendwann nicht mehr zurechtgekommen. Denn im April waren bereits 7.000 Datensätze gespeichert. Spätestens bei der doppelten Anzahl hätte es Schwierigkeiten geben können.
Außerdem war das System anfällig für Fehler. „Der eine Mitarbeiter schreibt den Straßennamen aus. Der andere wiederum verwendet bei den Geburtsmonaten bis September zusätzlich eine 0, andere wiederum nicht“, berichtet Adler. Das machte die Suche innerhalb des Sharepoints schwierig, weil unter Umständen auch Dubletten entstanden.
Im ersten Schritt programmierte die IT-Abteilung ein einfaches Online-Formular, in dem Kontaktdaten, Symptome, Kontaktpersonen und weitere Punkte, die vorher auf dem Papier standen, registriert wurden. „Wir haben einfach das vorhandene Formular digitalisiert“, sagt Adler.
Covdi erkennt bestehende Eintragungen
Auf Basis des Online-Formulars entwickelten sie den Web-Service Covdi – Covid Digital. Das System erstellt automatisch neue Fälle, sobald Kontaktdaten und Informationen zum Krankheitsverlauf eingegeben wurden. Bei einem Anruf können die Bearbeiter direkt prüfen, ob der Anrufende bereits bekannt oder neu ist. Verschiedene Abteilungen sind an das System angebunden.
Die Anordnung von Abstrichen oder Quarantäne funktioniert automatisch, indem eine E-Mail mit allen relevanten Informationen der Betroffenen an die zuständigen Stellen verschickt wird. „Wenn früher eine Quarantäne angeordnet wurde, musste der Beschäftigte vom Gesundheitsamt erst mal zum Ordnungsamt laufen. Jetzt geht alles komfortabler per Klick und weitaus schneller“, sagt Adler.
Die Coronafälle können jederzeit auf den neuen Stand aktualisiert und weiterbearbeitet werden, z.B. wenn es ein weiteres Testergebnis gibt oder Kontaktpersonen im System hinterlegt werden. So werden alle Informationen unter dem Fall gespeichert. Außerdem gibt es eine Prüfung auf Dubletten, wenn bestimmte Kriterien wie das Geburtsdatum einer Person bereits im System hinterlegt sind. Jederzeit kann eine aktuelle Liste der in Quarantäne befindlichen Personen erstellt werden. Früher mussten die Mitarbeitenden einzelne Fallakten durchstöbern.
Entlastung vor allem bei großen Mengen
Besonders spüren die Mitarbeitenden die Erleichterung, wenn es um größere Gruppen geht. Adler schildert das Beispiel, wenn es in einer Schulklasse einen Coronafall geben sollte. Vorher habe man die 30 Namen als Kontaktpersonen händisch eingetragen. Heute könne man die Daten, die man bei der Schule anfrage, per Excel importieren. „Das war ein wirklicher Durchbruch“, sagt Adler „Die Mitarbeitenden im Gesundheitsamt möchten gar nicht wissen, wie die aktuelle Lage ohne die neue Software aussähe.“
Seit Mai ist Covdi nun im Einsatz. An zwei Tagen wurden im Vorfeld 60 Personen im Umgang mit der Anwendung geschult. „Wir haben es mit denjenigen, die Covdi letztendlich nutzen, gemeinsam entwickelt“, betont Adler. „Das System ist relativ selbsterklärend.“
Open Source Lösung für jeden nutzbar
Bis heute sind mehr als 42.000 Datensätze gespeichert. Bonn bietet den Webservice als Open Source Lösung anderen Kommunen kostenlos an. Beim Gesundheitsamt haben schon einige Städte und Kreise ihr Interesse angemeldet. Von der eigenen Open-Data Plattform gab es sogar schon einige anonyme Downloads. „Wir stehen gerne zur Verfügung, um zu helfen“, sagt Adler.
Titelfoto: Thomas Hendele/Pixabay.
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